Bulldriver

Der Ritt auf dem Bullen
Im Interview mit Bulldriver

An einem warmen September-Abend betrete ich die Terrasse des Kieler „Hemingway“ und setzte mich zu den gutgelaunten und entspannten Jungs von Bulldriver, die in wenigen Stunden einen Auftritt in der Pumpe Kiel haben. Jeder bestellt sich etwas zu Essen und Trinken und dann geht es los.

Bulldriver
Mutig stellt sich ein Torero dem wütenden Stier in der Arena; voller Erwartung hält er ihm das rote Tuch vor Augen. Genauso mutig stellen sich Sänger Niklas (26), Gitarristen André (31) und Sören (27), Bassist Jochen (23) und Sven (30) am Schlagzeug sich dem Metalcore – ihrem eigenen „Bullen“ – und versuchen diesen in der „Arena“ (Bühne) zu reiten.

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(von links nach rechts: Jochen, André, Niklas, Sören und Sven)

Niklas holt Luft und beginnt mir seinen Werdegang zu beschreiben: „Ich habe erst als Bassist angefangen. Dann hatte ich keine Lust mehr auf Bass und weil mein Basslehrer auch Gitarre unterrichtete, habe ich gedacht `Fängst du mal mit Gitarre an´. In meiner damaligen Band war ich dann der Gitarrist und weil wir keinen Sänger hatten, habe ich gesagt `Ich kriege das beides gleichzeitig hin´. Mir ist dann aber relativ schnell klar geworden, dass ich nicht so viel Kraft in den Gesang legen kann, wenn ich nebenbei noch Gitarre spiele. Also habe ich angefangen nur zu singen. Das liegt mir mehr und macht mehr Spaß.“

Bei Sören fing alles mit einem neuen Nachbarn im Haus an. „Der hat eine Gitarre gehabt und genau meine Musik gespielt und mich natürlich total angesteckt. Mein Vater hat immer gesagt, weil ich schon 15 Jahre alt war, `Du brauchst das nicht mehr anfangen. Das lernst du jetzt eh nicht mehr. Das ist viel zu spät´. Dann war ich mal bei dem Nachbarn und wir waren bei ihm im Keller. Er hat da Slayer, Metallica und Megadeth gespielt und dann hat er gesagt `Das ist ganz einfach. Das lernst du auch´ und dann habe ich mir eine Gitarre gekauft und so habe ich angefangen“, erzählt er mir.

Andrés Geschichte fällt im Gegensatz zu den anderen eher kurz aus. „Ich habe auch erst Bass gespielt und dann schnell bemerkt, dass das nicht so mein Ding ist und dachte `Probierst du halt sechs Saiten´. Das war auf jeden Fall viel besser.“ Der Wunsch nach einem Instrument war einfach da und brauchte bei André kein Schlüsselerlebnis. Aus dem Wunsch ist nun ein großes Hobby geworden.

Jochen ist laut seinen Bandkollegen und Freunden das Multitalent in der Band – „Ich passe mich meinen Aufgabenfeldern an“, grinst er in die Runde und erklärt: „Eigentlich bin ich Gitarrist. In meiner alten Band habe ich unsere Studioaufnahmen aufgenommen und gemischt, weil ich mich damit auskenne. Sören fragte mich dann, ob ich auch die Aufnahmen für Bulldriver machen will. Zu dem Zeitpunkt hatte die Band keinen Bassisten, also habe ich das gelernt und die Bassspuren eingespielt. Hinterher hieß es dann `Du kannst auch gleich ganz bei uns in der Band spielen´ und so bin ich beim Bass geblieben.“ Jochen beherrscht weiterhin zusätzlich Gitarre, Schlagzeug und kann singen.

Wie so manch andere bekannte Schlagzeuger, begann auch Sven damit auf Eimern herum zu trommeln. Er blickt in die Ferne und erinnert sich: „Mit ca. zehn Jahren habe ich in Einkaufskatalogen nach einem Micky Maus-Schlagzeug gesucht, das ich nie bekommen habe. Regelmäßig an Weihnachten und Geburtstagen war ich traurig und auch am 25. Dezember bei Opa stand kein Schlagzeug unterm Weihnachtsbaum. Dann hat Opa irgendwann gesagt `Komm mal mit in die Schmiede. Ich hab da noch ein paar Eimer´ und mein Opa – selber auch Musiker – merkte `Ich glaube, das wird was´. Ich habe weiterhin auf irgendwelchen Eimern herumgetrommelt bis mit 14 dann die Konfirmation kam. Das Geld, was ich bekam, hatte ich nicht lange, denn dann habe ich mir ein richtiges Schlagzeug gekauft und ging dann auf eine Musikschule.“

Geküsst vom Metal-Genre
Das Grundgerüst für Bulldriver entstand im Februar 2013 mit Sören, Sven und Niklas. Alle drei spielten bereits zusammen in einer anderen Band, von der sie sich eines Abends trennten. Für die perfekte Besetzung fehlten ihnen ein weiterer Gitarrist und jemand, dessen Instrument in der Bauchgegend brummt – ein Bassist. André ließ sich schnell im gemeinsamen Freundeskreis finden. So mancher Bassist kam und ging und letztendlich war es Jochen, der die Band mit seinem Können überzeugte und vorerst als „Hinterhand“ ausgespielt wurde und nun doch seit September 2015 fest zur Band gehört.

Und wer kam auf den Bandnamen? Während Sven noch am überlegen ist, fängt Sören bereits an zu reden: „Wir haben viele verschiedene Namen an eine Tafel geschrieben und Sven hat gemeint, wir würden uns viel zu viele Gedanken machen, denn das müsste etwas Einfaches sein wie `Bulldriver´ und alle in der Band wussten `Das ist er´.“ Da gibt Sven zu, dass ihm der Name bereist einige Monate vorher schon auf der Zunge lag, er aber dachte, er wäre zu albern und würde nicht passen und sich deshalb nicht traute, ihn zu erwähnen.

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Niklas, André, Sören, Jochen und Sven sind alle zusammen schon im jugendlichen Alter vom Metal-Genre geküsst worden und reiten heute als Bulldriver die vielseitige Musikrichtung, die sich Metalcore nennt. Als Vorbilder bzw. musikalische Einflüsse werden u.a. Bands wie DevilDriver, As I Lay Dying und Slipknot aufgezählt. „Man muss Kompromisse eingehen, wenn man Musik macht. So kommen viele Einflüsse zusammen und deswegen haben wir unseren eigenen Stil gefunden“, findet Niklas und Sören ergänzt: „Beim Songs schreiben muss man sich auch mal fast in den Haaren haben.“ Für die Texte ist Niklas zuständig und erklärt mir: „Ich schreibe über alles, was mich beschäftigt, aber politische Themen lasse ich grundsätzlich weg. Ich habe meine ganz eigene Meinung dazu und möchte diese keinem anderen aufzwingen.“ Und zum Besten gibt er sie indem er die Gesangstechniken „Shouten“ und „Growlen“ kombiniert. Techniken, die die Stimmbänder sehr beanspruchen. „Ich bin nach Proben und einem Auftritt schonmal heiser gewesen“, gibt Niklas zu. Deswegen müssen Sänger, die diese Techniken ausüben, während ihres Auftritts viel Flüssigkeit zu sich nehmen und die Techniken vor allem richtig beherrschen, denn sonst „kann man sich dabei böse verletzen“, ergänzt Niklas nachdrücklich.

In die ganz große Arena
Ihren ersten Ritt auf ihrem Metalcore hatten sie zusammen in der Itzehoer Lauschbar. „Der erste Auftritt war geil! Hat mir Spaß gemacht“, sagt André und „Es macht unglaublich viel Spaß auf der Bühne zu stehen und wenn du siehst, dass die Leute mitmachen, dann ist das Wahnsinn“, fügt Niklas glücklich hinzu. Und was war der beste Auftritt bisher? „Der kommt heute“, platzt es locker aus Sven heraus und alle lachen zustimmend. Von Lampenfieber kann nicht die Rede sein. „Ich freue mich viel mehr darauf“, sagt André gelassen. Ein Kribbeln verspürt jeder und Niklas raucht vor einem anstehenden Auftritt eine Zigarette und braucht dann zehn Minuten ganz für sich allein, während die anderen ihre Instrumente stimmen, rumalbern und sich Gedanken wie „Hoffentlich geht alles gut; hoffentlich macht das Publikum mit; hoffentlich kommen noch mehr Leute“ zum Auftritt machen. Da fällt Sören ein: „Ich muss mir immer mein Plektrum am Finger festkleben, weil ich das nicht mehr in der Hand halten kann.“ Und dann gibt es da während des Auftritts Kleinigkeiten – „Unfälle“ -, die einen manchmal aus dem Takt bringen. „Bei jedem Auftritt fällt mindestens ein Beckenständer um“, beginnt Sven zu erzählen. Gespielt vorwurfsvoll sagt er in Niklas‘ Richtung: „Und Niklas ist ja so einer, der guckt immer nach vorne. Der dreht sich nicht 1x um. Die anderen haben die Hände voll; die können mir nicht helfen.“ Niklas schmunzelt und gibt „Ich gucke heute mal nach hinten. Entschuldige bitte“ zur Antwort. Von Auftritt zu Auftritt werden sie besser und sicherer und werden auch schon mal außerhalb von Fremden angesprochen. André bekommt leuchtende Augen und erzählt freudig: „Ich war in der Lauschbar in Itzehoe und dann war da eine Frau. Die guckte mich die ganze Zeit an und hat mich beobachtet. Ich fand das ein bisschen komisch und dann kam sie irgendwann zu mir rüber, guckte zu mir hoch und sagte `Hi´ und ich `Hallo´. `Ich kenne dich´ und ich sagte `Ok´ und dachte, was ist das denn? `Du hast doch hier mal mit Bulldriver gespielt. Du bist doch der Gitarrist´ und ich fand das total cool!“

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Die Jungs von Bulldriver stehen selber auch gerne im Publikum und genießen das Fan-Sein. Niklas überlegt und erinnert sich an das Konzert von Parkway Drive in Hamburg: „Die haben eine mega Live-Show gehabt. Und wenn man das sieht, weil die haben ja auch mal klein angefangen so wie wir, dann möchte man da auch mal hin.“ – in die ganz große „Arena“ (auf die ganz große Bühne). Sören berichtet euphorisch von seinem Machine Head-Konzert im Docks in Hamburg: „Das ist bestimmt schon 10 Jahre her. Die habe ich das erste Mal in Wacken gesehen und das hat mich total weggeballert. Dann bin ich nach Hamburg gefahren. Das ist so eine kleine Bude und du stehst da direkt an der Bühne“, guckt nach oben und erzählt weiter: „Das war das geilste Konzert, wo ich bisher war! Das kann, glaube ich, auch nichts mehr toppen.“

Der Ritt auf dem Bullen
Im September 2015 erfolgten dank Jochens Mithilfe die ersten Studioaufnahmen. Nun soll aus den Aufnahmen ein Demoalbum werden. Wir können uns also schon auf selbstproduzierten Metalcore von Bulldriver freuen! Die Jungs sitzen schon jetzt fleißig in ihrem mittlerweile dritten Proberaum und sind aktiv an der Sache dran. Das fällt ihnen leicht, denn in ihrem vorherigen Proberaum mussten sie noch selbst den Ofen anfeuern und warten, bis es warm wurde. „Im Neuen müssen wir kein Feuerholz mehr ranschleppen“, lacht Sören und Niklas fällt ein: „Und nebenan haben wir eine Billardtischanlage“. Es funktioniert also auch bandabseits zwischen den Jungs. „Das Zwischenmenschliche ist ganz wichtig“, findet André. „Das passt alles zusammen.“ Jeder ist ein Puzzleteil und zusammen ergeben sie ein schönes Bild.

Ein noch schöneres Bild wäre es, wenn die Band mal auf einer Deutschlandtour ist oder sich auf einer der großen Bühnen beim Wacken Open Air wiederfindet. „Das ist jedermanns Traum“, glaubt André.
„Meiner besonders“ (Sven), „Nein, meiner am meisten“ (Niklas), „Ich will das am meisten“ (Sören) und dann bricht ein lautes Gelächter aus. Zum Abschluss bleibt nur noch zu sagen: „Ich liebe euch. Es macht mir echt Spaß mit euch Musik zu machen und ich kann mir eigentlich nichts Besseres vorstellen!“ (André)

Für eure Zukunft wünsche ich euch, dass ihr mit eurem „Ritt auf dem Bullen“ (Metalcore) bald „in den ganz großen Arenen“ (auf den ganz großen Bühnen) steht und der Welt zeigt, dass ihr den Mut habt, euch mit eurem Genre in der Musikwelt durchzusetzen! Bleibt so, wie ihr seid und eurer Musik treu.

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Das Interview wurde am 10. September 2016 in Kiel geführt.

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