Harmonische Färbung aus den 60ern und 70ern
In Interview mit Ain’t The Ones
Warme Sonnenstrahlen und ein frisches Lüftchen bringen die Band Ain’t The Ones und mich an diesem Tag zusammen. In einem Kieler Café suchen wir uns ein bequemes Plätzchen und beginnen zu erzählen.
Kinder früher Zeiten
Die gelassen wirkende Band besteht aus Sängerin Myriam (26), die zusätzlich Klavier und Synthesizer spielt, Gitarrist und Backgroundsänger Toby (26), Bassist Carl (28) und Schlagzeuger Toni (22). Gemeinsam fühlen sie sich der Musik aus früheren Zeiten verbunden und lassen diese im neuen Stil aufleben.
(von links nach rechts: Carl, Myriam, Toby und Toni)
Myriam und Toby sind Zwillinge und sind schon früh durch ihre Eltern mit Musik aus den 60ern und 70ern in Berührung gekommen. Ganz klassisch hatten beide Blockflötenunterricht. Es stellte sich jedoch heraus, dass Myriam sich viel mehr für Klavier interessiert und lieber auf diesem Instrument spielt. „Ich hatte das Glück, dass zu Hause immer irgendwo eine Gitarre rumstand, die mich dann immer beim Singen begleitet hat. Das war dann zusätzlich das Instrument, was mich zum Singen verleitet hat“, erzählt sie.
Auch Toby war von einem anderen Instrument gefesselt: der Gitarre. „Wenn man mir eine Gitarre vor die Augen gehalten hat, dann war das so, wie wenn andere in einen Süßigkeitenladen gehen. Die Leidenschaft zum Gesang kam eigentlich erst später. Spätestens im Gymnasium habe ich gemerkt, dass ich einigermaßen gut singen kann.“
Carl erinnert sich, dass bei ihm alles in der Grundschule begann. „Ich habe in einem Gitarrenensemble mit 20 Gitarren gespielt. Der Leiter war der Meinung, es wäre gut, wenn einer Bass spielen würde und hat mich gefragt, ob ich darauf Lust hätte, weil er mir das zugetraut hat. Er hat mir immer seinen Bass geliehen und das Spielen hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte noch weiter Gitarrenunterricht nebenher, aber das wurde immer weniger und das mit dem Bass spielen immer mehr. Es hat sich irgendwann herausgestellt, dass ich viel mehr Lust auf Bass habe als auf Gitarre“, erzählt Carl amüsiert.
Toni begann mit Gitarrenunterricht; Bass und Klavier folgten und am Ende entschied er sich für Schlagzeug. Er spielte in einer Jazz- und Soulband und nach seinem abgeschlossenen Designstudium möchte er sich nun wieder intensiver der Musik widmen, da diese während des Studiums etwas in den Hintergrund gerückt war.
Schon immer diejenigen
Den Bandnamen Ain’t The Ones (dt. Nicht diejenigen) gibt es laut Toby schon seit ca. zehn Jahren. Er und Myriam sind Lynyrd Skynyrd-Fans. Der für weitere Interpretationen offene Bandname leitet sich von dem Song „I Ain’t The One“ ab. „Wir fanden das cool damals“, meint Toby. Sie waren also schon immer diejenigen, die nicht diejenigen waren. Zur richtigen Bandgründung kam es erst viel später. Viele verschiedene Jungmusiker waren zu unterschiedlichen Zeiten an der Band beteiligt. Gegen Ende 2013 schloss sich Myriam Toby an; Anfang 2014 folgte Carl. „Ich bin nach Kiel gekommen, um zu studieren und habe direkt in der zweiten Woche Toby kennengelernt. Ich wurde dann immer zu ihren Konzerten eingeladen und war dann immer als Fan dabei. Dann wurde in der Band ein Bassist gesucht und Toby zu mir `Hey Carl, du kannst doch Bass spielen´ und dann bin ich da irgendwie reingerutscht und ab da bin ich dabei gewesen“, berichtet Carl. Schlagzeuger Toni schloss sich im Dezember 2015 der Band an. Den ehemaligen Schlagzeuger hat es nach Neuseeland verschlagen und es war klar, dass ein neuer her muss. Toni grinst zu Myriam rüber und erzählt: „Sie hat mich damals angerufen und gesagt `Ich habe von jemandem deine Nummer bekommen. Wir suchen noch einen Schlagzeuger für einen Auftritt´.“ Nur eine einzige Bandprobe gab es bis zum besagten Auftritt und „Das war die beste Nummer, die wir die letzten zwei Jahre in unserem Proberaum hatten“, sagt Toby. Toni half noch ein weiteres Mal aus, bevor er zum festen Bestandteil von Ain’t The Ones wurde.
Sixties and seventies Vibe
Ihre Musik? Ehrlicher Rock `n´ Roll mit einer psychedelischen Prise Funk in Bestform. Zusammen mit dem Klamottenstil eines jeden einzelnen und ihrer gelassenen Art liegt ein sixties and seventies Vibe (eine 60er und 70er-Jahre Stimmung) in der Luft. Jeder hat seine Vorbilder und seinen eigenen Musikgeschmack. Am Ende treffen sie sich in der Mitte und vereinen ihre Einflüsse teils bewusst, teils unbewusst. Toby umschreibt es mit: „Jeder Musiker hat seine eigene Art zu spielen, so wie jeder auf seine Art spricht. Das ist bei uns wie in einer Patchwork-Familie, die irgendwie versucht, ihre Einflüsse in einen Einklang zu bringen. Ich schätze es sehr, dass jeder seinem eigenen `Faden´ folgt und das ergibt dann diese `Färbung´. Das ist das, was jeden einzelnen und uns alle zusammen ausmacht.“ Während so manch andere Band zuerst den Text schreibt und sich dann an die Melodie wagt, passiert es hier oft anders herum. Myriam ist die Sängerin und eine Faustregel der Band lautet: Wer singt, der muss auch die Texte schreiben. Sie erklärt mir: „Es geht um sehr emotionale Sachen, die mich gerade beschäftigen. Ich habe deswegen auch immer ein Notizbuch bei mir, damit ich paar Dinge loswerden kann. Wenn Toby dann mit einer Melodie ankommt und je nachdem, wie sich diese anfühlt, kann ich das, was auf meinen Seiten schlummert in Form bringen. Oder es entsteht etwas ganz Neues.“ So entsteht eine harmonische `Färbung´, die an die 60er und 70er Jahre erinnert.
Mit Herzschlag auf der Bühne
Toni stand schon früh als kleines Kind auf der Bühne. „Mein Vater hat mich immer mitgenommen.“ Kein Wunder, dass sich bei ihm die Aufregung in Freude verwandelt hat. Toby kann sich noch an seinen ersten Auftritt mit ca. 16 Jahren erinnern: „Das war bei mir in der Schule. Da war ich schon ziemlich aufgeregt, weil ich wusste, dass ich das nicht so umsetzen konnte, wie ich es gerne wollte. Da war diese Aufregung und ich dachte `Man, warum war jetzt alles weg´.“ Aber ohne Aufregung würde es nur halb so viel Spaß machen. „Das ist sonst so, als würde man für sich selber spielen und da ist dann auch kein richtiger Herzschlag“, meint Toby dazu – auf der Bühne spüren sie also diesen ganz besonderen Herzschlag in der Brust.
Ihren besten Auftritt hatten sie vergangenes Jahr im Dezember: eine Benefizveranstaltung zum Erhalt von der „Alte Mu Impuls-Werk e.V.“ auf dem ehemaligen Gelände der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Myriams Augen fangen an zu leuchten und strahlend erzählt sie: „Die Leute hatten alle Lust und haben mitgewippt. Der Raum war voll und dann waren auch Leute dabei, von denen man wusste, dass das nicht deren Musikgeschmack ist. Aber die wollten einfach Spaß haben. Das war echt ein tolles Gefühl!“ Dann erinnert sie sich lachend an einen witzigen Auftritt bei einer Geburtstagsfeier. „Wir waren in voller Montur dort und sollten elektrisch spielen. Dann gab es aber halt auch Wünsche nach akustischen Sachen. Unsere Musik war den älteren Gästen zu laut. Wir haben den ersten Song gespielt und die Augen der Leute in der ersten Reihe wurden groß und sie hielten sich auf einmal die Ohren zu.“
Wir reden weiter über ihre Auftritte und landen irgendwann bei den kleinen Pannen, die auf der Bühne passieren. Carl schmunzelt leicht und sagt: „Mir ist einmal eine Saite gerissen und ich hatte keinen Ersatz dabei. Das war zum Glück hier in der Nähe. Da haben wir dann eine Pause eingelegt und ich konnte schnell nachhause fahren und Ersatz holen. Das ist mir auf jeden Fall peinlich gewesen.“ Wurde schon mal der Text vergessen? Toni grinst und sagt in die Runde: „Ich vergesse öfters mal den Text.“ Eine kurze Pause entsteht, da fängt Toby plötzlich an zu lachen und lässt uns an seiner Erinnerung teilhaben: „Ich erinnere mich noch an eine Geschichte, die unserem ehemaligen Bassisten passiert ist. Der ist zum Podest gegangen, wo der Schlagzeuger saß und meinte, er müsse von da runterspringen. Er ist dann irgendwie unglücklich gelandet und lag dann da wie ein umgekippter Maikäfer und hat versucht das Ganze noch zu retten, indem er sich zweimal auf dem Boden im Kreis gedreht hat.“ Generell zu dem Thema fällt Carl ein: „Es gibt ja so Tricks, wenn du Fehler machst – du spielst denselben Fehler einfach noch paarmal. Das klingt dann so, als wäre das beabsichtigt.“
Zurück in die Zukunft
Ain’t The Ones haben bereits zwei Lieder aufgenommen und fanden die Zeit im Studio sehr interessant, denn „Es ist ja doch etwas anderes, als live spielen“, meint Carl. Man hat viel mehr Möglichkeiten seine Ideen kreativ umzusetzen und man macht sich auch viel mehr Gedanken darüber, wie man diese am besten umsetzen kann. Für Myriam war es eine ganz neue Erfahrung. Sie berichtet: „Es ist echt ungewohnt, wenn der Gesang zum Schluss alleine drankommt. Du stehst in einem leeren Raum und bekommst die ganze Power, die du sonst physisch neben und hinter dir hast, nur aus diesen Kopfhörern und du sollst, quasi wie gewohnt, deinen Text singen. Da brauchte ich etwas Zeit, um in dieses Gefühl reinzukommen.“ Vielleicht gibt es bald eine erste EP, denn an Material, das sie aufnehmen könnten, scheitert es nicht.
Bei den normalen Bandproben haben sie alle viel Spaß zusammen. Myriam findet es immer lustig, wie Toni lacht und muss selber anfangen zu lachen und Carl fügt hinzu: „Und bei Myriam und Toby merkt man manchmal, dass sie Geschwister sind. Die zwei streiten gelegentlich.“ „Das ist aber immer ganz witzig. Wenn die beiden nebeneinander stehen und streiten, stehen Carl und ich daneben und gucken ihnen amüsiert zu“, sagt Toni schmunzelnd und lehnt sich zu Carl rüber. Wenn sie dann gemeinsam musizieren reisen sie gedanklich in die alte Zeit und kommen danach wieder zurück in die Zukunft. Zukunft – was soll mit Ain’t The Ones passieren? „Komme was wolle – Hauptsache es macht Spaß!“ Myriam nimmt einen Schluck von ihrer Apfelschorle und denkt: „Das Tolle an dieser Band ist, dass wir was Eigenes haben, was wir weitervorantreiben können. Wir sind selbst dafür verantwortlich, können dieses Projekt selbst formen und gemeinsam entscheiden, wie unsere Zukunft wird.“ Auf der Kieler Woche werden sie jedenfalls Gas geben und den Sommer über ihre Chance nutzen! Sie freuen sich schon auf ihren Auftritt und geben allen Fans folgenden Rat mit auf den Weg: „Kommt vorbei, bringt eure Regencapes und Regenschirme mit und habt Spaß!“
Ain’t The Ones sind nicht diejenigen, die wir als typische Band mit Musik aus früheren Zeiten abstempeln sollten! Sie führen uns lediglich mit ihrem eigenen Musikstil in diese Zeit zurück, lassen uns aber auch die Gegenwart spüren.
Für eure Zukunft wünsche ich euch, dass ihr eurem `Faden´ treu bleibt und das Leben vieler anderer Menschen mit eurer Musik bunt färbt! Reist auf der Bühne oder im Proberaum in die alte Zeit, aber vergesst nie, wieder zurück in die Zukunft zu kommen.
Das Interview wurde am 20. April 2016 in Kiel geführt.
Kontakt
www.ainttheones.de
E-Mail: toby@ainttheones.de
Facebook: Ain’t The Ones
Soundcloud: Ain’t The Ones